Keine Einschränkungen der Notfallversorgung in Wattwil

Durch eine unsinnige Vorgabe der Regierung wird die funktionierende Gesundheitsversorgung im Toggenburg akut gefährdet. Der Toggenburger Ärzteverein wehrt sich deshalb gegen die willkürliche und inakzeptable Einschränkung der Notfallversorgung in der Berit Klinik Wattwil auf zwei Behandlungsnächte.

Darüber, wie eine gute medizinische Grundversorgung für alle Regionen umgesetzt werden soll, da scheiden sich die Geister häufig. Im Kanton St. Gallen gibt seit rund 20 Jahren der Verwaltungsrat der vier Spitalverbunde im Auftrag der Gesundheitsdirektion des Kantons vor, wie die stationäre medizinische Versorgung vonstattengehen soll.

In der Spitalstrategie des Kantons St. Gallen wurden von den einst neun Spitälern fünf Regionalspitäler geschlossen oder allenfalls umgenutzt. Als politisches Zugeständnis stellte man den fünf betroffenen Regionen Gesundheits- und Notfallzentren (GNZ) in Aussicht. Was genau darunter zu verstehen war und wie diese konkret organisiert sein sollten, blieb offen – wohl, weil der Verwaltungsrat der Spitalverbunde bereits im Vorfeld wusste, dass dieses Konzept nicht funktionieren kann. Deshalb erstaunt es nicht, dass keines dieser versprochenen GNZ zustande gekommen ist. Mit einer einzigen Ausnahme: Dem GNZ in Wattwil.

Aufgrund des vehementen Einsatzes der Bevölkerung, der Gemeinde Wattwil und des Toggenburger Ärztevereins konnte zusammen mit der Berit Klinik trotz vieler Hürden ein gut funktionierendes Gesundheits- und Notfallzentrum realisiert werden. Mit der Berit Klinik hat das Toggenburg einen zuverlässigen Partner gefunden, der innert weniger Monate eine qualitativ hochstehende medizinische Notfallversorgung rund um die Uhr an 365 Tagen pro Jahr auf die Beine gestellt hat. Inzwischen werden auch diverse medizinische und diagnostische Leistungen (Radiologie, Sonographie, CT, Labor) und Spezialsprechstunden im ehemaligen Spitalgebäude angeboten. Zudem wird das medizinische Spektrum im August 2024 mit Hausarztpraxen und zusätzlichen Spezialfachärztinnen und -Ärzten ausgebaut. Somit entwickelt sich zusammen mit den Grundversorgern und Spezialärzten des Toggenburger Ärztevereins wieder ein äusserst potentes Netzwerk, welches auch über das Toggenburg hinaus ein Modell sein könnte.

Im Toggenburg setzen sich alle Beteiligten gemeinsam für eine gute Gesundheitsversorgung ein – ein Konsens, der sich auch an der Podiumsveranstaltung vom 8. Februar 2024 in der Berit Klinik in Wattwil manifestierte. Rund 400 anwesende Toggenburgerinnen und Toggenburger waren sich mit Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft der Berit Klinik, des Toggenburger Ärztevereins, der Gemeinde Wattwil sowie den anwesenden Kantonsräten und weiterer Vertreter aller Parteien (SP, SVP, Mitte und FDP) unisono einig, dass die willkürliche Einschränkung der Notfallversorgung auf maximal 48 Stunden seitens der Gesundheitsdirektion absolut unsinnig ist. Niemand der Anwesenden konnte verstehen, warum die Gesundheitsdirektion eine Entlastung der chronisch überfüllten, übrigen Notfallstationen im Kanton nicht vollumfänglich unterstützt. Nicht einmal finanzielle Mehrkosten oder Sparpotentiale konnten hier angeführt werden.

Aus medizinischer Sicht gefährdet aber eine derartige Vorgabe eine gut funktionierende, fachkompetente Notfallstation und untergräbt die zusätzlich nötigen Infrastrukturen wie unter anderem Röntgen, CT und Labor massiv.  Ein Notfallzentrum, das eine zuverlässige Notfallstation führen will, kann mit solchen Vorgaben nicht nachhaltig funktionieren. Der Verwaltungsrat der Spitalverbunde und die Gesundheitsdirektion wissen dies sehr wohl. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt!

Aus Sicht der im Toggenburger Ärzteverein zusammengeschlossenen Hausärztinnen und Hausärzte wären die Folgen katastrophal. Ohne eine funktionierende Notfallstation wären die Hausärzte nicht in der Lage, die drohende Lücke zu schliessen. Mit der Durchsetzung des Regierungsentscheides wäre die medizinische Notfallversorgung im Toggenburg definitiv nicht mehr gewährleistet! Der Toggenburger Ärzteverein möchte deshalb Regierungsrat Bruno Damann daran erinnern, dass die Pflicht zur Notfallversorgung auch nicht mehr an die Hausärztinnen und Hausärzte abgeschoben werden kann.

Der Toggenburger Ärzteverein ist überzeugt, dass sich eine solche sowohl aus ärztlicher wie auch aus politischer Sicht unsinnige Vorgabe der Gesundheitsdirektion auch für die anderen Regionen im Kanton äusserst negativ auswirken könnten. Denn durch die Spitalschliessungen und die fehlenden GNZ kam es zu einer absehbaren chronischen Überlastung der verbliebenen Notfallstationen in Wil, Uznach, Grabs und am Kantonsspital St. Gallen. Nur schon daher ist es auch im Interesse der anderen Regionen sein, dass die Berit Klinik ihre Notfallstation im Toggenburg ohne Einschränkung weiterführen kann.

Medienmitteilung: Rettungsdienst umfährt das naheliegendste Notfallzentrum

Nach der Schliessung des Spitals Wattwils bietet die Berit Klinik eine medizinische Versorgung der Toggenburger Bevölkerung an – inklusive eines rund um die Uhr geführten Notfallzentrums. Umso stossender ist es, dass der Rettungsdienst die Notfallstation in Wattwil systematisch umfährt.

Wattwil, 4. Dezember 2023 | In der Berit-Klinik in der Liegenschaft des ehemaligen Spitals Wattwil steht heute ein gut funktionierendes, auf die Bedürfnisse der Toggenburger Bevölkerung angepasstes Angebot von ambulanten und für Notfallpatienten stationären medizinischen und chirurgischen Leistungen sowie Diagnostik zur Verfügung. Ein hochmotiviertes und sehr kompetentes Ärzte- und Pflegeteam bietet eine 24-Stunden-Versorgung an. Der Notfalldienst wird zusammen mit dem Toggenburger Ärzteverein abgedeckt. Die Zusammenarbeit mit der Berit Klinik wird von den niedergelassenen Ärzten als sehr kooperativ und verlässlich eingestuft.

Versorgung der Bevölkerung gefährdet

Der Toggenburger Ärzteverein muss nun aber feststellen, dass die kantonale Gesundheitspolitik erneut die lokale Versorgung der Toggenburger Bevölkerung gefährdet, weil der Rettungsdienst 144 die Berit Klinik ganz bewusst links liegen lässt. Eine aktuelle Statistik zeigt, dass nur noch acht Prozent der Notfalltransporte via Rettungsdienst in die Notfallstation in Wattwil gelangen, zu Zeiten des Spital Wattwil waren es noch rund 40 Prozent. Es kommt sogar vor, dass Patientinnen und Patienten gegen ihren ausdrücklichen Willen nicht in die Berit Klinik gefahren werden.

Die Antwort der Regierung auf eine kürzliche Anfrage von SP-Kantonsrat Martin Sailer zeigt auf, dass die Umgehung des Wattwiler Notfalls mit voller Absicht geschieht. Das Gesundheitsdepartement vergütet der Berit Klinik ab November 2023 bei Notfallpatienten nur noch Behandlungen mit einer Aufenthaltsdauer von höchstens zwei Nächten. Daher soll nun das Rettungsdienstpersonal vor Ort beurteilen können, welcher Patient potenziell länger als zwei Nächte behandelt werden muss. Für die Toggenburger Ärzteschaft ist dies aus medizinischen Überlegungen schlichtweg nicht möglich.

Die Haltung der Regierung ist nicht nur für die Berit Klinik unbefriedigend, letztlich leidet darunter die Versorgungsqualität der ganzen Bevölkerung. Die aktuelle Diagnostik in der Berit Klinik mit einem 24Stunden-Service inklusive der Möglichkeit von CT-Untersuchungen ist einzigartig und wird von Patienten und Ärzten sehr geschätzt. Für eine weiterhin adäquate Versorgung der Region ist eine ausreichende Auslastung des Notfallzentrums eine unabdingbare Voraussetzung. Ein künstliches Aushungern des Notfalls in Wattwil könnte dagegen einen Leistungsabbau provozieren.

Leistungsauftrag anpassen

Gemäss einer Kontrolle des Gesundheitsdepartment im November blieben rund 20 Prozent der Patientinnen und Patienten drei oder mehr Nächte in der Berit Klinik hospitalisiert. Für den Toggenburger Ärzteverein ist es nachvollziehbar, dass zur Behandlung einer Lungen- oder Darmentzündung gelegentlich zusätzliche Hospitalisationstage erforderlich sind. Ein Sekundärtransport in eine weitere Klinik nach zwei Nächten ist in solchen Fällen weder patientenfreundlich noch gesundheitspolitisch sinnvoll. Der Toggenburger Ärzteverein spricht sich deshalb dafür aus, das Leistungsspektrum der Berit Klinik nicht einzuschränken.

Die Toggenburger Ärzteschaft stellt sich in seltener Einmütigkeit klipp und klar gegen die unsinnige Benachteiligung der Berit Klinik, welche nicht aus medizinischen Gründen erfolgt.

Der Toggenburger Ärzteverein stellt daher folgende Forderungen an die Regierung:

1. Das Notfallzentrum der Berit Klinik muss durch die Rettung St.Gallen nach medizinischen Kriterien als nächstgelegener Notfall angefahren werden. Ausnahmen sind Fälle, die gezwungenermassen Leistungen eines Zentrumsspital benötigen.

2. Das Notfallzentrum der Berit Klinik ist seitens des Gesundheitsdepartements genauso zu unterstützen, wie alle anderen Notfälle im Kanton auch, damit es seine Aufgabe eines auf den regionalen Bedarf abgestimmten Notfallversorgungsangebots sicherstellen kann.

Nachfolge Spital Wattwil auf Kurs: Niedergelassene Ärzte unterstützen gemeinsamen Betrieb des Notfallzentrums mit Berit und ein neues Ärztezentrum

Die Berit Klinik Gruppe und die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte des Toggenburger Ärztevereins haben sich auf die Ausgestaltung der Zusammenarbeit in der regionalen Notfallversorgung geeinigt. Zusätzlich konkretisiert sich die Realisierung eines neuen Ärztezentrums von fünf Ärztinnen und Ärzten auf rund 1’000 m2 in der Spitalliegenschaft.

Die nachhaltige Organisation und ein wirtschaftlicher Betrieb der Notfallversorgung im Toggenburg sind herausfordernd. Dies nicht nur, weil das Spital Wattwil geschlossen wird, sondern auch, da die Anzahl niedergelassener Ärztinnen und Ärzte in der Region tief ist. Unter finanziell anspruchsvollen Rahmenbedingungen muss die Versorgung trotzdem rund um die Uhr für eine effektiv kleine Anzahl von Notfällen sichergestellt werden. Das gelingt in einer innovativen Kooperation der Berit Klinik Gruppe (Berit) mit den regionalen Haus- und Fachärzten.

Leistungsauftrag Notfallzentrum beantragt

Berit und die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im Toggenburg haben in kurzer Zeit eine gute Lösung gefunden und sich über ihre Zusammenarbeit geeinigt. Sie werden den Betrieb des Notfallzentrums in der Spitalliegenschaft Wattwil gemeinsam unter Führung der Berit sicherstellen. Es entsteht ein bedarfsgerechtes, effizient organisiertes und qualitativ hochstehendes Angebot, um die Notfall- und Grundversorgung zu gewährleisten. «Unsere Niedergelassenen haben der Vereinbarung in einer Urabstimmung rasch und sehr klar zugestimmt», erklärt Uwe Hauswirth, Präsident des Toggenburger Ärztevereins (TÄV). «Berit hat nun beim Kanton einen entsprechenden Antrag auf den notwendigen Leistungsauftrag inklusive das ursprünglich geplante kurzstationäre Bettenangebot gestellt.»

Dieses beschränkte Bettenangebot ist auch für die Weiterführung der Alkoholkurzzeittherapie (PSA) in Wattwil unerlässlich. «Damit und mit dem Notfallzentrum entspricht Berit dem ursprünglichen Anliegen und Vorhaben des Kantons. Gemäss diesem bedingen sich die beiden Leistungsaufträge Notfall und PSA gegenseitig», betont Uwe Hauswirth. Er ist überzeugt: «Mit der neuen Lösung können wir eine umfassende medizinische Notfallversorgung sicherstellen. Vor allem gewährleistet Berit auch, dass auch chirurgische Notfälle kompetent behandelt werden können. Diese Fälle gingen in den bisherigen Diskussionen immer unter.»

Neues Ärztezentrum für erweitertes Angebot

Zusätzlich bereits konkret geprüft wird die Idee, ein neues Ärztezentrum in der Spitalliegenschaft zu integrieren. Auf rund 1’000 m2 sind eine Hausarzt- und vier Facharztpraxen für Gastroenterologie, Kardiologie, Onkologie und Pneumologie in Planung. Initiantinnen und Initianten sind fünf im Toggenburg bestens bekannte und anerkannte, erfahrene Ärztinnen und Ärzte: die Gastroenterologin Dr. Diana Abraham-Schmitz, der Kardiologe Dr. Maximilian Graw, leitender Arzt Kardiologie am Spital Wattwil, der Pneumologe Dr. Daniel Güntert sowie die Onkologin Dr. Isabella Schönenberger, leitende Ärztin Onkologie am Spital Wattwil. Im Rahmen der Nachfolgeplanung des Hausarztes Dr. Jean-Luc Meyer ist zudem ein überregionales Gesundheitsnetzwerk involviert.

«Wir haben uns schon seit einiger Zeit mit der Idee eines gemeinsamen Ärztehauses beschäftigt und dafür nötige Studien zum Entscheid vorliegen. Anstatt nur in der Nähe des Spitals bietet sich uns nun die Gelegenheit, das neue Zentrum in der Spitalliegenschaft zu realisieren und uns dort einzumieten», freut sich Daniel Güntert als Vertreter der Gruppe. «So können wir noch mehr Synergien nutzen und noch besser zur medizinischen Versorgung beitragen.» Das sieht auch Uwe Hauswirth als grosses Plus nicht zuletzt für die Notfallversorgung: «Mit dem neuen Ärztezentrum und den zusätzlichen Fachdisziplinen wird unsere Notfallversorgung noch umfassender, über die spezifische chirurgische Kompetenz von Berit hinaus.» 

Voraussetzungen erfüllt

Mit dem erreichten Arbeitsstand haben die Berit und die Ärzteschaft die Voraussetzungen rasch und seriös erfüllt. Die Regierung und der zuständige Departementsvorsteher Bruno Damann haben mehrfach ihr Versprechen abgegeben, die niedergelassene Ärzteschaft in der Notfallversorgung zu unterstützen. Für den Präsidenten des Toggenburger Ärztevereins ist denn auch klar, dass es nun keine neuen Forderungen oder Hürden geben darf und die Entscheide rasch zu fällen sind, zumal auch so für das Personal, das bisher am Spital Wattwil beschäftigt ist, rasch und nahtlos eine Anschlusslösung angeboten werden kann. Er fasst zusammen: «Wir zählen darauf, dass die Regierung ihr Versprechen uns gegenüber einlöst und damit den Versorgungsauftrag der regionalen Bevölkerung gewährleistet.»

Spitalstrategie: Basisangebot stationäre Innere und Altersmedizin in Wattwil erhalten

Die Spitalvorlage sieht die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in den Regionen in einer tragenden Rolle. Der Toggenburger Ärzteverein will diese Rolle seriös wahrnehmen. Ohne den Erhalt eines stationären Angebots an Innerer Medizin und Altersmedizin am Spital Wattwil sieht er sich jedoch ausserstande, die Verantwortung für die medizinische Versorgung im Toggenburg mitzutragen. Dem Toggenburg droht als einziger Region im Kanton eine akute Hausarzt-Lücke bei gleichzeitiger Schliessung des Spitals.

Der Toggenburger Ärzteverein (TÄV), einer der sechs Regionalvereine der Ärztegesellschaft des Kantons St.Gallen, hat sich in einem Schreiben mit drastischen Worten an die Mitglieder der vorberatenden Spitalkommission und an die Fraktionsvorsitzenden des Kantonsrates gewandt. Darin «ersucht» er sie «dringend»: «Geben Sie uns eine Chance und sorgen Sie für den Erhalt des stationären Angebots an Innerer Medizin und Altersmedizin am Spitalstandort Wattwil – mindestens so, wie es nach dem bereits erfolgten Abzug der weiteren Disziplinen verblieben ist.»

Nur mit stationärem medizinischem Angebot möglich

Die Spitalvorlage sieht die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in den Regionen in einer tragenden Rolle. «Der TÄV will diese Rolle gerne aktiv übernehmen», erklärt TÄV-Präsident Dr. med. Uwe Hauswirth. «Aber damit er die Verantwortung mittragen kann, sind erfüllbare Rahmenbedingungen nötig.» Der TÄV arbeitet unter dem Aspekt «aus der Region für die Region» an Modellen, um die Notfall- und Erstversorgung in der Region langfristig seriös zu sichern. «Auch Erfahrungen in der Spitex zeigen, wie wichtig und dringlich die medizinische Unterstützung ist. Für die Sicherung der Versorgung ist eine Voraussetzung unabdingbar, das zeigen die Resultate unseres bisherigen Prozesses wie auch vergleichbare Beispiele klar und deutlich.» Der TÄV hat deshalb in seinem Schreiben festgehalten: «Ohne den Erhalt eines stationären Angebots an Innerer Medizin und Altersmedizin am Spital Wattwil sieht sich der TÄV ausserstande, die Verantwortung für die medizinische Versorgung im Toggenburg mitzutragen.»

Es droht medizinischer Versorgungsnotstand

Gerade die Strategie zur Bekämpfung einer allfälligen Covid-19-Pandemie-Welle zeigt: Es wäre fahrlässig, ganz auf eine funktionierende Spitalinfrastruktur in den Regionen zu verzichten. Für den Toggenburger Ärzteverein ist klar: «Mit ‹4plus5› und der damit verbundenen Schliessung unseres Regionalspitals droht im Toggenburg – anders als in allen anderen Regionen im Kanton – ein medizinischer Versorgungsnotstand.» Uwe Hauswirth erklärt: «Bei uns verstärken sich gleich mehrere Rahmenbedingungen gegenseitig, wie das in keiner anderen Region des Kantons der Fall ist.» Erstens hat das Toggenburg als einzige Region keine schnelle Hauptverkehrsverbindung, betont er: «Hier bei uns ist die Reichweite in 30 Minuten nicht dieselbe wie im übrigen Kanton via Autobahn. Wir kommen in dieser Zeit 30 km weit – nicht 50 km und mehr. Ohne Spital Wattwil wäre die Region mehrheitlich von der Spitalversorgung abgehängt.»

Akute Hausarzt-Lücke

Zudem droht dem Toggenburg als einziger Region im Kanton eine akute Hausarzt-Lücke, befürchtet Uwe Hauswirth: «Es ist bereits absehbar, dass bei uns 2029 nur noch 10 Hausärztinnen und -ärzte unter 65 Jahren tätig sind. Nur dank enger Zusammenarbeit mit dem Spital können sie die Grund- und Notfallversorgung für Bevölkerung, Arbeitnehmende und Tourismus noch sichern.» Laut Prognose der KPMG im Bericht «Alternative Vorschläge» vom September 2019 zu Handen der Regierung bräuchte es im Toggenburg 2028 53 Hausärztinnen und -ärzte. «Das Spital ist nicht nur für die erfolgreiche Ansiedelung von Ärztinnen und Ärzten unabdingbar», erklärt Uwe Hauswirth. «Ohne Spital ginge auch das Fundament der engen Zusammenarbeit in der erweiterten Grundversorgung verloren. Bei einem kumulierten Ausfall der Leistungserbringer, also ohne Spital und mit derart wenig Hausärztinnen und -ärzten, liesse sich die Grund- und Notfallversorgung nicht mehr sicherstellen – geschweige denn die Versorgungsqualität gewährleisten.»

Pflege ohne Medizin ist nicht bedarfsgerecht

Mit Blick auf die Idee eines Kompetenzzentrums für «Spezialpflege» statt des Spitals Wattwil winkt Uwe Hauswirth ab: «Pflege ist keine Medizin, und Pflege ohne Medizin reicht nicht, um die medizinische Gesundheitsversorgung im Toggenburg zu ersetzen oder zu sichern.» Für ein zusätzliches Pflegeangebot besteht auf der Basis der einschlägigen Richtwerte auch längerfristig kein Bedarf, und im Bereich der Spezial- oder Sonderpflege sind Bedarf und Bedingungen unklar, betont er: «Ein zusätzliches Pflegeangebot dürfte zu Überkapazitäten in heute gesunden Strukturen führen und die kommunalen Heime der Region konkurrenzieren.» Abgesehen davon, ist für den TÄV klar: «Isolierte geriatrische oder spezialisierte Rehabilitation ohne Nähe zu akutmedizinischer Diagnostik und internistischer Behandlung ist nicht realistisch.»

Brief Toggenburger Ärzteverein (TÄV) an die Präsidentinnen und Präsidenten der Fraktionen und die Mitlgieder der Spitalkommission des Kantonsrats (PDF)

 

 

Präsentation Dr. med. Uwe Hauswirth

Uwe Hauswirth, Präsident des Toggenburger Ärztevereins (TÄV), zeigte mit drastischen Worten auf, dass dem Toggenburg medizinische Unterversorgung und ein Notstand drohen, falls in Wattwil auch noch die verbliebene stationäre Versorgung mit Innerer Medizin und Altersmedizin verloren ginge: «Ohne Spital wird es unmöglich, die Versorgung zu gewährleisten.»

Präsentation Dr. med. Uwe Hauswirth an der Hauptversammlung des Fördervereins Regionalspital Wattwil (PDF)

Medizinische Versorgung akut gefährdet

An der Hauptversammlung der Toggenburger Hausärzte stand ein wichtiges Thema auf der Traktandenliste: Nach zwei Jahren Vorbereitung liegt die Zusammenarbeitsvereinbarung für die integrierte Notfallpraxis (INP) im Spital Wattwil für die künftige medizinische Notfallversorgung im Toggenburg vor. Mit der geplanten Schliessung des Spitals Wattwil wird nicht nur diese Vereinbarung in Frage gestellt, sondern damit auch die medizinische Grund- und Notfallversorgung im Toggenburg fahrlässig aufs Spiel gesetzt.

An der Hauptversammlung des Toggenburger Ärztevereins haben die anwesende Ärzteschaft einstimmig dem INP-Vertrag zugestimmt, der die Zusammenarbeit der Toggenburger Hausärzte mit dem Spital Wattwil für den Notfalldienst neu regeln soll.

Notfalldienst mit Zusammenarbeit sichern
Diese integrierte Notfallpraxis (INP) im Ausbau des Spitals Wattwil ist ein zentraler Pfeiler für die Sicherung der medizinischen Grund- und Notfallversorgung im Toggenburg. Uwe Hauswirth, Präsident des Toggenburger Ärztevereins zeigt sich besorgt: «Das Toggenburg ist – noch stärker als andere Regionen im Kanton – vom Hausärztemangel betroffen. In sechs Jahren sind nur noch 10 Hausärzte unter 60 Jahren alt und damit verpflichtet, Notfalldienst zu leisten.» Das Toggenburg brauche die Integrierte Notfallpraxis im Spital Wattwil, sind sich die Toggenburger Hausärzte einig. «Sonst ist die medizinische Versorgung in der Region in naher Zukunft nicht mehr gewährleistet.»

Der INP-Vertrag ist das Resultat eines bald zwei Jahre dauernden Prozesses des Toggenburger Ärztevereins zusammen mit der Spitalregion Fürstenland Toggenburg (SRFT). Das zeitgemässe und bereits andernorts mehrfach bewährte Konzept der INP kann aber nur im Zusammenhang mit einem funktionierenden Akutspital geleistet werden.

Sorgen und viele offene Fragen
Umso besorgter sind die Hausärzte über den beschlossenen Baustopp beim Spital Wattwil. Damit könnte die INP und auch die zukunftsfähige Notfallversorgung nicht mehr realisiert werden. Ohne das Spital Wattwil kann die Fahrt zu einer Notfallstation in Zukunft möglicherweise bis zu einer Stunde dauern; im schlimmsten Fall ohne einen begleitenden Notfall-Arzt. Wie sollen unter diesen Bedingungen in Zukunft Hausärzte für das Toggenburg gewonnen werden? Wie soll im Weiteren das Gesamtkonzept des Joint Medical Masters (Medizinstudium in St. Gallen mit dem Ziel in der und für die Region junge Ärzte insbesondere Hausärzte auszubilden) aufgehen? Das Spital Wattwil wurde als Ausbildungsstätte in den Beurteilungen der Schweizer Ärztegesellschaft FMH- mehrfach mit Bestnoten bewertet. Welchen Sinn ergibt die Schliessung des Spitals Wattwil für die ärztliche Zukunft der Region?

Auf alle diese offenen Fragen erwarten die Toggenburger Hausärzte anlässlich des Bevölkerungsgesprächs am Mittwoch, 28. November 2018 ab 19.30 Uhr im Thurpark in Wattwil Antworten vom Regierungsrat, dem Verwaltungsrat und verantwortlichen Lenkungsausschuss.

Warnung vor Kollaps der medizinischen Versorgung
Die Toggenburger Ärztinnen und Ärzte warnen: schliesst das Spital Wattwil, stirbt mittelfristig auch die Hausarztmedizin im Toggenburg. Allen St.Gallerinnen und St.Gallern muss bewusst sein, dass die Schliessung des Spitals Wattwil mit der modernsten Spitalinfrastruktur im Kanton weitreichende Konsequenzen für die Region und die ärztliche Versorgung im Regel- und vor allem im Notfall mit sich bringen wird.